Interview mit Claudius Bingel

Du bist seit vielen Jahren im Bereich Legal Services tätig. Könntest du uns kurz Deinen Werdegang und die Schwerpunkte Deiner Arbeit vorstellen?
Nach meinem Jurastudium habe ich zusätzlich einen MBA in Compliance Management absolviert. Seit 2014 bin ich als Legal Counsel in der Industrie tätig, insbesondere im produzierenden Gewerbe. Meine Stationen umfassten Unternehmen aus der Schaumstoffbranche, der Chemieindustrie sowie Hersteller von Nutzfahrzeugen, industriellen Trocknungsanlagen und Elektroantrieben. Mein Schwerpunkt liegt auf der Erstellung, Prüfung und Verhandlung von Verträgen, dem Aufbau und der Leitung von Rechtsabteilungen sowie Corporate Compliance.
Was waren die grössten Herausforderungen in deiner Arbeit in grossen Konzernen wie FoamPartner (ehem. CONZZETA) und Bucher Industries?
Eine der zentralen Herausforderungen war die Verbindung von technologischen und operativen Anforderungen mit den juristischen Notwendigkeiten. Eine effektive Zusammenarbeit aller Fachbereiche ist essenziell, um pragmatische, aber fundierte Lösungen zu schaffen. Mein Ansatz war immer, das Business zu unterstützen, nicht zu blockieren. Juristische Beratung sollte nicht als Hindernis, sondern als Ermöglicher von unternehmerischem Erfolg wahrgenommen werden.
Was reizt Dich am Interim Management, insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen?
Jede neue Aufgabe bringt neue Herausforderungen, Menschen und Situationen mit sich. Interim Management bedeutet akute Hilfe genau dort, wo sie gebraucht wird. Besonders in kleinen und mittleren Unternehmen schätze ich die Nähe zum Produkt und zu den Entscheidern. Hier können schnelle Erfolge erzielt werden, weil die Wege kurz sind und Entscheidungen rasch umgesetzt werden.
Welche Vorteile bietet ein Interim Legal Manager Unternehmen, insbesondere in herausfordernden Phasen?
Unternehmen erhalten massgeschneiderte Unterstützung mit minimaler Einarbeitungszeit. Als Interim Manager bringe ich Erfahrung und eine hohe Anpassungsfähigkeit mit. In solchen Einsätzen treten interne Empfindlichkeiten in den Hintergrund – einzig der Erfolg zählt.
Mit welchen typischen rechtlichen Herausforderungen sehen sich Unternehmen heute konfrontiert?
Unternehmen operieren zunehmend international und müssen sich in verschiedenen Jurisdiktionen zurechtfinden. Gleichzeitig steigen die regulatorischen Anforderungen, etwa im Datenschutz, ESG-Reporting oder durch das Lieferkettengesetz. Diese Komplexität erfordert eine flexible und fachübergreifende Rechtsberatung.
Trends und Entwicklungen prägen ja bekanntlich die Zukunft wie siehst du dies im Bereich des Interim Managements und der Legal Services?
Die zunehmende Regulierungsdichte und Internationalisierung erfordern schnelle, anpassungsfähige und praxisnahe Rechtsberatung. Interim Legal Manager sind in diesem Umfeld besonders wertvoll, weil sie rasch auf neue Anforderungen reagieren und Unternehmen in sensiblen Phasen unterstützen können.
In welchen Situationen siehst Du besonders hohen Bedarf für Interim-Lösungen im Rechtsbereich?
Besonders gefragt sind Interim-Lösungen in Compliance Management, M&A-Transaktionen oder beim Aufbau solider Legal-Strukturen, beispielsweise durch Contract-Management-Systeme oder Vertragsvorlagen.
Du schätzt das Zusammenspiel von juristischen und technischen Aspekten. Wie kombinierst Du diese beiden Welten?
Es ist entscheidend, den operativen Mitarbeitern – Ingenieuren, Entwicklern, Chemikern – genau zuzuhören. Nur wenn man die Stärken und Schwächen eines Produkts versteht, kann man juristisch fundierte und zugleich praxisnahe Lösungen entwickeln. In Zukunft wird künstliche Intelligenz in der Rechtsberatung eine zunehmend wichtige Rolle spielen.
Dabei wird der Mensch jedoch immer eine zentrale Rolle spielen, insbesondere wenn es um die Verifizierung und finale Bewertung von Ergebnissen geht. Künstliche Intelligenz kann Prozesse erleichtern, muss jedoch nicht gefürchtet werden, da sie den menschlichen Faktor nicht ersetzen kann.
Welche rechtlichen Fehler siehst Du bei Start-ups am häufigsten, und wie können diese vermieden werden?
Oft werden aus Kostengründen Verträge blind unterschrieben, was später zu gravierenden Problemen führen kann. Auch wenn Budgets knapp sind, sollte juristische Beratung nicht vernachlässigt werden.
Du hast Dich in den letzten Jahren intensiv mit dem Züchten von Olivenbäumen beschäftigt. Gibt es Parallelen zwischen dieser Arbeit und Deiner beruflichen Tätigkeit?
Definitiv. Eine Olivenpflanze trägt erst nach drei bis fünf Jahren die ersten Früchte. Ebenso sind Erfolge in Compliance und Vertragsmanagement oft nicht sofort sichtbar, sondern entwickeln sich mit der Zeit. Geduld und langfristiges Denken zahlen sich in beiden Bereichen aus. Beim Züchten von Pflanzen braucht es nicht nur Zeit, sondern auch ein tiefgehendes Verständnis für die Bedingungen, unter denen sie optimal gedeihen. Ähnlich verhält es sich in der Rechtsberatung: Die richtigen Strukturen und Prozesse müssen frühzeitig geschaffen und kontinuierlich gepflegt werden, damit sie langfristig Früchte tragen. Sowohl bei der Pflanzenzucht als auch in meiner juristischen Tätigkeit ist ein strategischer und nachhaltiger Ansatz der Schlüssel zum Erfolg.
Hättest du zum Abschluss noch etwas was du Unternehmen heute in puncto Legal Services mitgeben möchtest?
Nach meiner Erfahrung braucht es keinen unverhältnismässig grossen Aufwand, um ein Unternehmen in einem ersten Schritt auf juristisch sichere Beine zu stellen. Es ist wichtig, eigene Vertragsvorlagen zu besitzen, sich Gedanken über Gewährleistungs- und Haftungsklauseln in diesen Verträgen zu machen und möglichst eigene AGB in die Geschäftsbeziehung einzubringen. Mir ist bewusst, dass das Thema AGB meist sehr „unhandlich“ daherkommt und daher häufig stiefmütterlich behandelt wird. Wer allerdings blind die AGB des Geschäftspartners akzeptiert, wird im Krisenfall nicht gut da stehen.
Wenn Sie mehr über Interim Legal Management erfahren möchten oder spezifische geschäftliche Anforderungen haben, vereinbaren Sie ein persönliches Beratungsgespräch mit uns!
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